Der unerwartete Tod von Roman Starowojt, der erst vor wenigen Tagen von Wladimir Putin als Verkehrsminister entlassen wurde, sorgt in Russland und im Ausland für Aufruhr. Die offizielle Version der Behörden lautet Selbstmord. Obwohl die russischen Staatsmedien kaum darüber sprechen, werfen die Umstände der Entlassung und des gemeldeten Selbstmords wichtige Fragen auf, die sowohl im Inland als auch international heftige Diskussionen ausgelöst haben.

Ersten Berichten des russischen Ermittlungskomitees zufolge wurde Starowojt erschossen und seine Leiche in einem Auto in Odinzowo nahe Moskau gefunden. In der Nähe befand sich eine Pistole. Offiziell dauern die Ermittlungen noch an, doch es wurde rasch erklärt, dass alle Beweise auf Selbstmord hindeuten. Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass sein Tod nur wenige Stunden nach Präsident Putins offizieller Entlassung bekannt gegeben wurde, ohne dass im darauffolgenden Dekret eine Erklärung dafür gegeben wurde.
Roman Starowojt – Persönliche und berufliche Daten
Kategorie | Information |
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Name | Roman Wadimowitsch Starowojt |
Geburtsdatum | 20. Januar 1972 |
Geburtsort | Kursk, Russland |
Alter bei Tod | 53 Jahre |
Todesdatum | Juli 2024 |
Todesursache | Schussverletzung, mutmaßlicher Suizid |
Politische Partei | Vereinigtes Russland |
Letztes Amt | Verkehrsminister der Russischen Föderation |
Amtszeit als Minister | Mai 2023 – Juli 2024 |
Frühere Positionen | Gouverneur der Oblast Kursk (2019–2024) |
Familienstand | Verheiratet, zwei Kinder |
Quelle |
Seitdem wurden auf politischen Telegram-Kanälen, die als alternative Nachrichtenquellen in Russland immer wichtiger werden, verschiedene Vermutungen geteilt. Eine Theorie besagt, dass Starowojt Opfer eines internen Machtkampfes wurde und nicht freiwillig Selbstmord beging. Diese Annahme erscheint angesichts der zahlreichen personellen Veränderungen innerhalb der russischen Regierung in den letzten Monaten nicht unwahrscheinlich. Bemerkenswert ist, dass Starowojt zuvor Gouverneur der Region Kursk gewesen war, die aufgrund ihrer Nähe zur ukrainischen Grenze strategisch wichtig war.
Ukrainische Truppen machten im Sommer 2024 einen beispiellosen Vorstoß in Kursk, drangen über 30 Kilometer in russisches Territorium ein und eroberten Dutzende Dörfer. Angesichts des bereits 2022 angekündigten Baus großer Verteidigungsanlagen entlang der ukrainischen Grenze war dies ein demütigender Rückschlag für die russische militärische und politische Führung. Damals hieß es, diese sollten eine uneinnehmbare Mauer errichten. In seiner damaligen Funktion als Gouverneur von Kursk hatte Starowojt die Fertigstellung dieser Anlagen medienfreundlich angekündigt.
Die Wahrheit zeigte jedoch ein anderes Bild: Nahezu ungehindert rückte das ukrainische Militär vor. Kurz darauf wurde sein Nachfolger Alexej Smirnow entlassen und wegen Betrugs inhaftiert. Die mutmaßliche Veruntreuung von Geldern für den Bau der Grenzanlagen war Gegenstand der Ermittlungen. Ob Starowojt persönlich an diesen Ermittlungen beteiligt war, wurde nie offiziell bestätigt. Moskauer Medien zufolge wurde jedoch auch gegen ihn intern ermittelt; in den letzten Wochen stand er unter großem Druck.
Politische Analysten vergleichen dies bereits mit anderen mysteriösen Todesfällen russischer Beamter. Die Zahl der Fälle von Oligarchen, hochrangigen Beamten oder Wirtschaftsführern, die unerklärlicherweise – meist mit einem Abschiedsbrief, aber oft ohne stichhaltige Beweise – sterben, hat in den letzten Jahren zugenommen. Dieses Muster, das viele als Zeichen einer besonders angespannten Lage innerhalb der russischen Machtstrukturen interpretieren, passt nun perfekt zum Fall Starowojt.
Im Nachhinein erscheint Putins Entscheidung, Starowojt ohne offizielle Erklärung zu entlassen, als letzte Demütigung. Schließlich ernannte ihn der Präsident im Mai 2023 zum Verkehrsminister, was damals angeblich ein klarer Vertrauensbeweis war. Das scheinbar abrupte Ende dieses Vertrauens ist besonders brisant, da Starowojt als überzeugter Parteigänger von „Einiges Russland“ galt. Vom Bauingenieur über den Gouverneur der Grenzregion bis hin zum Bundesminister – seine Karriere schien lange Zeit ein Musterbeispiel für Putins technokratische Elite zu sein.
Als Reaktion auf diese Entwicklung zeigt die russische Gesellschaft eine Mischung aus Resignation und zunehmender Besorgnis. Die Todesursache Starowojts wird in den sozialen Medien hinterfragt, obwohl die staatlichen Medien regelmäßig über den Fall berichten. Angesichts des anhaltenden Krieges gegen die Ukraine ist der politische Druck auf regionale Beamte kaum zu überschätzen.
Fehlentscheidungen, Verzögerungen oder gar der Verdacht auf Misswirtschaft können innerhalb weniger Tage zu Entlassung oder gar Inhaftierung führen. Selbstmord scheint in diesem Umfeld keine rein persönliche Entscheidung mehr zu sein, sondern vielmehr ein verzweifelter Versuch, politisch motivierter Strafverfolgung zu entgehen.
Auf globaler Ebene wirft Starowojts Tod einmal mehr ein Licht auf die inneren Mechanismen des russischen Regierungsapparats. Beobachter in den USA und Europa beschreiben die russische Elite als isoliert und von Angst erfüllt. Menschen, die früher als „unberührbar“ galten, verschwinden aus der Politik.