Carlo von Tiedemann war mehr als nur eine Radiopersönlichkeit. Er prägte die norddeutsche Kulturlandschaft über viele Jahre. Besonders bemerkenswert war seine Fähigkeit, den Generationenwechsel zu meistern, ohne dabei seinen Charme und Humor zu verlieren. Seine Familie und unzählige Hörer waren von der Nachricht seines Todes im Alter von 81 Jahren tief getroffen.

1971 begann Carlo beim NDR zu arbeiten. Seine Karriere war ein bemerkenswertes Sammelsurium aus beliebten Fernsehshows, legendären Radiosendungen und schmerzhaften, aber auch erhellenden persönlichen Rückschlägen. Besonders prägend war seine Zeit bei der „Aktuellen Schaubude“, die er mit einem besonders tiefgründigen Humor prägte, der ihn von vielen anderen Rundfunkformaten unterschied. Mit seinem humorvollen, aber nie respektlosen Kommentar gelang es ihm, selbst ernste Themen verständlich zu machen – ein Talent, das im deutschen Rundfunk immer seltener wird.
Carlo von Tiedemann – Persönliche und Berufliche Informationen
Kategorie | Information |
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Vollständiger Name | Carl Ferdinand Hanns-Joachim Franz Friedrich von Tiedemann |
Geburtsdatum | 20. Oktober 1943 |
Geburtsort | Stargard, Pommern |
Sterbedatum | 2024 (Alter: 81 Jahre) |
Sterbeort | Hamburg |
Beruflicher Werdegang | NDR-Moderator, Radiomoderator, Stadionsprecher, TV-Persönlichkeit |
Bekannte Sendungen | „Aktuelle Schaubude“, „Hamburg am Mittag“, „Große Freiheit“, „Carlo kennt sie alle“ |
Engagement | Kinderhospiz Sternenbrücke, Quickborn hilft, Diakonie Hamburg-West/Südholstein |
Ehrung | Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland (2020) |
Verifizierter Link | www.ndr.de |
Seine frühen Jahre waren turbulent. Carlo, der 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg nach Hamburg kam, war der Sohn eines preußischen Generalleutnants und einer adligen Mutter aus der Familie von Kleist. Schon früh musste er lernen, mit Polio zu leben, einer Krankheit, die seinen Willen offenbar eher stärkte als behinderte. Möglicherweise war es auch diese frühe Begegnung mit körperlicher Schwäche, die ihn sein Leben lang der Hilfe für benachteiligte Menschen widmete.
Besonders bemerkenswert ist sein Einsatz für das Kinderhospiz in der Sternenbrücke. Carlo von Tiedemann engagierte sich aufrichtig in der Gesellschaft – mit seiner Stimme, seinen Spenden und seiner Aufmerksamkeit –, während viele Prominente ihr Engagement nur für PR-Zwecke zeigen. Seine Botschafterrolle war von aufrichtigem Mitgefühl geprägt, nicht von Schnörkeln. Für sein Engagement erhielt er 2020 die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland, was fast unvermeidlich schien.
Seine Lebensgeschichte liest sich wie eine Dramatisierung des Höhepunkts seines Erfolgs und seines Scheiterns. Carlo übernahm die Verantwortung für seinen Karriererückschlag nach seinem Wechsel zum ZDF mit der Sendung „Show und Co. mit Carlo“, der öffentlich bekannt wurde. Offen und ohne Hemmungen sprach er über Schulden, Drogen und Abenteuer. Viele fanden ihn aufgrund seiner Offenheit und seiner späteren Rückkehr ins Berufsleben sympathisch und glaubwürdig.
Carlo von Tiedemann war einzigartig in einer Zeit, in der Medienpersönlichkeiten oft geschliffen und austauschbar wirken. Auch als er in den 1990er-Jahren immer häufiger im Radio auftrat, beispielsweise in der Sendung „Hamburg am Mittag“ oder in der Sendung „Carlo weiß alles“, wo er mit bemerkenswerter Souveränität und ohne jemals voyeuristisch zu wirken Interviews mit Prominenten führte, blieb er sich selbst treu.
Seine Stimme war einzigartig und sein Humor herrlich altmodisch. Viele seiner Freunde, darunter Victoria Voncampe und Bettina Tietjen, erinnern sich an einen Kollegen, der stets zuverlässig, pünktlich und bemerkenswert aufmerksam war. Selbst mit 80 Jahren moderierte er Podcasts wie „Grauzone“ mit Steffi Banowski, was ihm half, jüngere Hörer zu erreichen. Besonders beeindruckend war, dass er sich selbst treu blieb und gleichzeitig medial aktuell blieb.
Von 1991 bis 1998 war er außerdem Stadionsprecher beim HSV und konnte dort seine Liebe zum Fußball mit seiner Bühnenpräsenz verbinden. Auch das war typisch für ihn: Er war nie elitär und immer nah am Publikum, oft mittendrin. Nach einer Live-Übertragung war Carlo der Moderator, auf den die Leute zukamen – nicht, weil er bekannt war, sondern weil er Geschichten zu erzählen hatte.
Seine Popularität zeigte sich deutlich an seiner 80. Geburtstagsfeier im Oktober 2023. Rund 300 Menschen, darunter Prominente, Freunde und viele Einheimische, versammelten sich in St. Pauli. Selbst dort, trotz seiner durch zwei Hirntumore und altersbedingte Beschwerden beeinträchtigten Gesundheit, erzählte er einen Witz nach dem anderen, was seinen Lebensstil widerspiegelte: immer lächelnd, immer souverän.
Im Laufe seiner Karriere brach Carlo von Tiedemann Regeln – nicht immer absichtlich, aber immer mit einem Gespür für Ehrlichkeit. Vielen heutigen Medienpersönlichkeiten, die oft vorsichtig und PR-kontrolliert kommunizieren, fehlt genau diese Eigenschaft. Im Gegensatz dazu sprach Tiedemann auch im Alter offen über Tod, Krankheit, Schuld und Vergebung. Seine Stimme erinnerte daran, dass Menschlichkeit nicht inszeniert, sondern in einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung gelebt werden sollte.
Daher bedeutet sein Tod mehr als nur das Ende eines Lebens. Für eine Stadt, die Carlo geprägt hat und von ihm geprägt wurde, markiert er einen kulturellen Wendepunkt. Hamburg verliert mit ihm nicht nur eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, sondern auch einen Teil seiner Seele; er war ein Mann mit vielen Fehlern, der die Menschen nicht nur unterhielt, sondern auch berührte.
Er bemerkte einmal: „Ich habe viel Unrecht getan, aber ich habe nie aufgehört, an das Gute im Menschen zu glauben.“ In einer Zeit, in der Authentizität immer seltener wird, wirkt dieses Zitat fast prophetisch. Trotz seines Todes ist Carlo von Tiedemanns Vermächtnis Er wird in Form von Stimmen, Erinnerungen und einer Stadt weiterleben, die nie ganz ohne ihn sein wird.