Co-Pilot Andreas Lubitz steuerte an jenem schicksalshaften Frühlingstag vor zehn Jahren den Germanwings-Flug 9525 absichtlich in die französischen Alpen. Das Ereignis, bei dem 149 unschuldige Menschen ums Leben kamen, ist bis heute in der Popkultur verankert. Die Eltern des jungen Mannes, der den Unfall verursacht hatte, zogen sich jedoch in nahezu völliges Schweigen zurück, während die Öffentlichkeit klagte und Forderungen stellte. Erst jetzt äußern sie sich mit äußerster Vorsicht – nicht in Interviews oder Talkshows, sondern in einer bescheidenen Zeitungsanzeige, in der sie ihrer Gemeinde ihren Dank ausdrücken.

Die „Westerwälder Zeitung“, ein Lokalorgan, das sich perfekt für stille Botschaften eignet, veröffentlichte die Anzeige. Dort dankten die Eltern der Stadt Montabaur, ihren Freunden und Nachbarn für ihr Mitgefühl angesichts des medialen Drucks. Die Anzeige beginnt mit den Worten: „DANKE für jeden Brief, jede tröstende Umarmung, jedes Wort – wir haben einen lieben und wertvollen Menschen verloren.“ Die Opfer wurden nicht erwähnt. Einige Angehörige der Unfallopfer reagierten ungläubig und empört auf diese Entscheidung.
Andreas Lubitz – Biografie und berufliche Eckdaten
Merkmal | Information |
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Vollständiger Name | Andreas Günter Lubitz |
Geburtsdatum | 18. Dezember 1987 |
Todesdatum | 24. März 2015 |
Alter beim Tod | 27 Jahre |
Geburtsort | Neuburg an der Donau, Bayern |
Wohnort zuletzt | Montabaur, Rheinland-Pfalz |
Nationalität | Deutsch |
Beruf | Verkehrspilot, Co-Pilot bei Germanwings |
Arbeitgeber | Lufthansa (Germanwings-Tochter) |
Bekannt durch | Mitverursacher des Absturzes von Flug 9525 |
Erkrankung | Depression (mehrfach in Behandlung) |
Letzter Flug | Germanwings Flug 9525, Barcelona – Düsseldorf |
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Wie Eltern mit ihrem Verlust umgehen, wenn es in der Gesellschaft an Vergebung mangelt
Eltern wie Wolfgang und Ursula Lubitz sind in einer Zeit, in der Schuld oft vererbt zu sein scheint, einem anhaltenden Misstrauen ausgesetzt. Tragischerweise wurde ihr Sohn nicht in die offizielle Opferliste aufgenommen, was bedeutete, dass die Öffentlichkeit kein Mitgefühl für sein Verbrechen zeigen konnte. Doch trotz seiner Fehler, seiner Düsternis und seiner Menschlichkeit ist er immer noch ihr Kind.
Dieser Zustand, der entsteht, wenn Menschen am Leid anderer teilhaben, obwohl sie nicht direkt beteiligt waren, wird in der Soziologie als „sekundäre Traumatisierung“ bezeichnet. Besonders intensiv empfinden die Eltern von Tätern diese Situation. Ihre verspätete Dankbarkeit kann als Versuch interpretiert werden, einen Ort der Hoffnung zu schaffen – nicht auf die Rehabilitierung ihres Sohnes, sondern auf die Wiederherstellung eines menschenwürdigen Lebens – und ihr Schweigen als Schutzwall.
Zwischen Dankbarkeit und Schweigen: Eine Frage des Standpunkts
Die Wirkung der stillschweigend veröffentlichten Danksagung war deutlich spürbar. Manche empfanden einen erschreckenden Mangel an Empathie für die Opfer. Andere hingegen sahen darin einen letzten Versuch, die menschlichen Grundbedürfnisse nach Trost, Nähe und Trauerfähigkeit anzuerkennen – selbst für einen Sohn, dessen Taten irreparabel sind.
Die Spannungen unserer Zeit werden besonders in den Reaktionen darauf deutlich. Komplexe Emotionen haben in einer Gesellschaft, die sich zunehmend über Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit definiert, kaum noch Platz. Andreas Lubitz‘ Eltern deuten diesen Raum nur an, anstatt ihn offen einzufordern. Und genau deshalb verdient ihre Geschichte eine sorgfältige Analyse.
Warum es wichtig ist, düstere Geschichten zu erzählen
Lubitz‘ Eltern bieten einen anderen, besonders zurückhaltenden Handlungsstrang als die dramatischen Täterprofile, die üblicherweise Schlagzeilen machen. Sie verhalten sich bemerkenswert langsam statt spektakulär, als ob jede öffentliche Geste einem inneren Widerstand zum Trotz erfolgte. Dennoch ist ihre Reaktion auf den Verlust bemerkenswert menschlich und konsequent.
Auch leisen Stimmen Gehör zu verschaffen, ist entscheidend, insbesondere in einer Zeit, in der soziale Medien häufig stereotype Urteile über Richtig und Falsch fällen. Diese Stimmen vermitteln eine Liebe, die anhält, und ein Leid, das mit Empörung nicht zu vergleichen ist, aber dennoch Anerkennung verdient.
So erinnert die Geschichte von Andreas Lubitz‘ Eltern daran, dass Schuld nicht immer übertragbar ist, sondern eine rationale Grundlage darstellt. Und weil sie so subtil geschieht, kann das stille Gedenken an einen verlorenen Sohn manchmal zutiefst menschlich sein und Mitgefühl verdienen.